Aufruf zu den Anarchistischen Tagen Leipzig 2023
Dies ist eine Einladung zu den A-Tagen um den ersten Mai. Kommt vorbei, nehmt teil, vernetzt und bildet euch, macht mit, bringt euch ein. Wir freuen uns auf euch!
Doch gibt es überhaupt Potenziale für ein lebenswertes Miteinander trotz all der Krisen, in welcher diese Gesellschaftsform steckt, trotz des weltweit stattfindenden Trend zum Autoritarismus? Anarchist*innen sagen: ja. Denn es ist die bestehende Herrschaftsordnung, in welcher Menschen ausgebeutet, unterworfen und entfremdet werden. Wir brauchen grundlegend andere Formen, wie wir leben, produzieren, konsumieren, organisieren, orientieren, uns austauschen, aufeinander beziehen, miteinander tätig sind. Klimawandel, Patriarchale Gewalt, Grenzregime, Pandemien, Kriege, Inflation, Gentrifizierung… Wir wissen gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollen, um zu verstehen, in welche unglaubliche Sackgasse das herrschende System geraten ist. Deswegen erscheint die Forderung nach dem Aufbau einer radikal anderen Gesellschaftsform als realistische Option, die weit mehr Menschen interessiert, als wir manchmal glauben.
Wir denken, Anarchist*innen tun viele spannende Dinge, um in den auferlegten Widersprüchen handlungsfähig zu werden und nach Alternativen zu suchen. Damit beziehen wir uns auf lange und globale Geschichten und Ereignisse, in denen Menschen aufgestanden sind, um für ihre Würde zu kämpfen. Wie abgefuckt die Welt auch immer gerade ist. Im Anarchismus gibt es tausende wertvolle Erfahrungen und Überlegungen, die uns inspirieren und motivieren, nach etwas Neuem zu streben. Wir sollten sie nach außen tragen. Aber dazu müssen wir unsere eigenen Grundlagen kennen und unsere Netzwerke ausbauen und vertiefen. Das gilt auch für Leipzig. Zwar gibt es hier vergleichsweise viele Anarchist*innen, deren unterschiedliche Aktivitäten wir wertschätzen. Doch sehen wir auch Potenziale, diese zu gemeinsamen Aktionen zusammen zu führen und sich darin gegenseitig zu bestärken.
Mit den zweiten Anarchistischen Tagen wollen wir uns ein Bewusstsein über uns erneut selbst verschaffen. Wir lernen davon, was Anarchismus war und heute konkret ist, indem wir uns gegenseitig begegnen und kennenlernen. Anarchist*innen kämpfen dafür, dass sich alle selbst bestimmen und selbst entfalten können. Mit fortschreitender Digitalisierung, Zeitnot und Vereinzelung wird dies zunehmend schwieriger, doch umso mehr werden wir uns für die Selbstbestimmung aller einzusetzen. Weil es dafür eine solidarische, freie, gleiche Gesellschaft aufzubauen gilt, organisieren wir uns selbst. Unsere Gruppen dienen dazu, dass Menschen sich ermächtigen, bilden, soziale Kämpfe führen und direkte Aktionen hervorbringen können. Mit ihnen zeigen wir aber auch anschaulich, wie wir unsere eigenen Ansprüche bereits umsetzen.
Der Schlüssel dazu ist das Streben nach Autonomie. Statt dass soziale Bewegungen vereinnahmt und in den bestehenden Rahmen integriert werden, suchen wir nach Formen jenseits von Nationalstaaten, Parteien, Mehrheitsgewerkschaften und sogenannter Zivilgesellschaft. Bei den A-Tagen werden wir verschiedene Kämpfe miteinander verbinden, unsere anarchistischen Perspektiven diskutieren und Fähigkeiten weiterentwickeln, voneinander lernen und vielleicht auch die eine oder andere Aktion starten. Und das tun wir selbstbewusst, selbstbestimmt und selbstorganisiert.
Amore Anarchia, Autonomia!
Leitet diesen Aufruf gern an Menschen und Gruppen weiter, von denen ihr denkt, dass sie daran interessiert sind.
selbst gestaltet / mit gemacht
Kontakt: anarchistische_tage_leipzig@riseup.net (Schlüssel auf Anfrage)
Merkt euch die A-Tage zwischen 23.04. und 01.05. 2023 vor – und meldet euch, wenn ihr Beiträge einreichen wollt. Wir verstehen unsere Orga-Gruppe als Koordination, die ein gemeinsames Programm und einen Rahmen erstellt. Die A-Tage leben davon, dass sich viele Gruppen und Personen beteiligen. Um Anarchie auszuweiten und zu vertiefen, müssen wir auch die Konsummentalität hinterfragen, welche wir in unseren Umfeldern beobachten. Das bedeutet, dass die Orga-Gruppe nur einige Gruppen gezielt anfragt. Personen und Gruppen, die etwas beisteuern möchten, sollten sich so gut wie möglich selbst um die Kommunikation, Räume und Ressourcen ihre vorgeschlagenen Beiträge kümmern. Wir binden das dann zu einem möglichst zusammenhängenden Programm zusammen. Fasst dafür vor allem das Wochenende vor dem ersten Mai oder auch die Woche zuvor ins Auge.
Schreibt uns auf anarchistische_tage_leipzig@riseup.net (Schlüssel auf Anfrage), wenn ihr:
– eigene inhaltliche / thematische Beiträge im Rahmen der A-Tage organisieren wollt (Vortrag, Workshop, Diskussion, Film…)
– Workshops zu praktischen Themen organisieren oder anbieten wollt (Siebdruck, Lockpicking usw.)
– einen kulturellen und/oder sozialen Beitrag einbringen wollt (Barabend, Lesung, Konzi, Party, Film)
– in die Unterstützungsgruppe aufgenommen werden wollt (trifft sich im
Vorfeld, um verschiedene Aufgaben zu übernehmen, z.B. Einkauf,
Barschichten etc.)
– sonst bei den Tagen selbst unterstützen könnt (Schlafplätze, Kinderbetreuung, Awareness, Küfa, Barschichten…)
– sonstige Aktionen in diesem Zeitraum plant, bei denen es sinnvoll wäre, sie mit uns abzusprechen
– …
Vorschläge für Beiträge bitte möglichst bis 01.03. einreichen 🙂
Wir wünschen uns, dass wir unterschiedliche Lebensrealitäten und Sichtweisen teilen, statt in einer Szene-Blase zu versumpfen. Dabei sind wir uns bewusst, dass wir selbst Teil einer von Herrschaft geformten, hierarchischen, patriarchalen Klassengesellschaft sind. Zur Emanzipation gehört für uns, uns in einem Prozess zu sehen, in welchen wir über Herrschaftsverhältnisse reflektieren und unsere Denk- und Verhaltensweisen verändern. Dafür haben Personen unterschiedliche Voraussetzungen und Möglichkeiten, von denen aus sie sich aber weiterentwickeln sollten. Einen respektvollen, wertschätzenden und solidarischen Umgang miteinander halten wir in diesem Zusammenhang für notwendig.
Wichtig für die Beiträge ist, dass eine Bezugnahme zu anarchistischen Perspektiven und Herangehensweisen sichtbar wird. Bei der Auswahl der Beiträge achten wir auf Intersektionalität (= Schnittpunkte verschiedener Herrschaftsverhältnisse) und möchten eine Pluralität im Anarchismus abbilden. Außerdem wollen wir nicht nur bestimmte Inhalte vermitteln, sondern vor allem auch Raum haben, um zu diskutieren, was wir mit diesen anfangen können.
Weitere Infos folgen. (A)